Galopp by Dick Francis
Autor:Dick Francis [Francis, Dick]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-08-20T04:00:00+00:00
10
Frank folgte mir am nächsten Morgen ins GUM.
Nachdem ich, ohne mich einmal umzusehen, durch den Haupteingang gegangen war, blieb ich im Schatten stehen und wartete. Sehr bald tauchte er auf, ziemlich in Eile.
Beim Frühstück hatte ich auf Nataschas Drängen erklärt, daß ich mich mit weiteren Pferdeleuten treffen würde, aber vorher im GUM eine neue Pelzmütze kaufen wollte, da ich die andere verloren hätte. Frank hatte ganz leicht die Stirn gerunzelt und mich leicht forschend angesehen. Ich wußte noch, daß ich die Mütze getragen hatte, als er mir am Vorabend ins Hotel gefolgt war, nachdem ich mich ostentativ von Stephen verabschiedet hatte. Wie vorsichtig man auch mit den harmlosesten Bemerkungen sein mußte, dachte ich.
»Wo haben Sie denn Ihre Mütze verloren?« fragte er und zeigte dabei nur freundliches Interesse.
»Ich habe sie wohl in der Eingangshalle oder im Fahrstuhl fallen lassen«, sagte ich leichthin. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Natascha schlug vor, am Empfang nachzufragen. Ich sagte ja und tat es auch. Man lernte. Vielleicht nicht schnell genug, aber irgendwann doch.
Als Frank ein Stück weg war, sah ich mich um und erblickte sofort eine rote Wollmütze mit weißem Pompon. Unter der Mütze waren zwei blaugraue Augen in einem reizenden Gesicht und glattes Haar, von dem sich einige Strähnen selbständig gemacht hatten. Für eine verheiratete Mutter wirkte sie zu jung und zu schmächtig, und ich begriff, warum eine Wohnung im neunten Stock ohne Aufzug die schiere Katastrophe war.
»Jelena?« fragte ich zaghaft.
Sie nickte unmerklich, drehte sich um und ging zielstrebig voran. Ich folgte ihr in einiger Entfernung. Um mit einem Ausländer zu sprechen, mußte sie den richtigen Augenblick abwarten, und mir war es recht, wenn es nicht in Franks Sichtweite geschah.
Sie trug einen grauen Mantel, einen roten Schal, keck über die Schulter geworfen, und eine Einkaufstasche, in der ein eingewickeltes Paket lag. Ich verkürzte den Abstand zwischen uns und murmelte nur für sie hörbar: »Ich möchte eine Pelzmütze kaufen.« Sie ließ sich nichts anmerken, aber als sie stehenblieb, war es tatsächlich vor einem Laden, der Pelzmützen verkaufte.
Das GUM ist kein Kaufhaus im westlichen Sinn, sondern mehr wie ein orientalischer Bazar; eine große Anzahl kleiner Läden unter einem Dach. Ein überdachter Markt, zwei Stockwerke hoch, mit Zwischengängen und einem hohen Glasdach. Geschmolzener Schnee fiel in Tropfen durch Risse in der Decke und bildete kleine Pfützen auf dem Boden.
Ich kaufte eine Mütze. Jelena wartete draußen auf dem Gang, bekundete keinerlei Interesse an mir und ging weiter, als ich herauskam. Ich sah mich nach Frank um, aber zahlreiche Käufer versperrten die Sicht; und das galt für beide Seiten. Wenn ich ihn nicht sehen konnte, konnte er mich wahrscheinlich auch nicht sehen.
Jelena quetschte sich durch eine lange Schlange gleichmütig wartender Leute und blieb vor einem Laden mit Kunsthandwerk stehen. Ohne weitere Umstände und kaum wahrnehmbar drückte sie mir die Plastiktasche in die Hand. Ihr Blick ruhte auf den im Fenster ausgestellten Waren, nicht auf mir.
»Mischa sagen, dir das geben.« Ihr Akzent war reizend, aber aus der Mißbilligung in ihrer Stimme schloß ich, daß sie diesen Auftrag nur ihrem Bruder zuliebe ausführte, nicht meinetwegen.
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